Die Welt der B2B-Neukundenakquise könnte so schön sein! Die Realität des B2B-Marketings sieht in der Praxis jedoch so aus: Mit viel Elan erstellst Du auf LinkedIn oder Facebook Werbeanzeigen für die B2B-Neukundengewinnung, von diesen Anzeigen verlinkst Du auf Deine Firmenseite. Mit einem Werbebudget von 20 € pro Tag startest Du dann ganz hoffnungsvoll die Kampagnen. Nach ein oder zwei Tagen gibt es leider immer noch keine Anfragen. Die Klickpreise der Anzeigen liegen bei Facebook bei 3 € bis 4 €, während sie auf LinkedIn etwa 15 € betragen. Als dann zwei Wochen später immer noch keine Anfragen vorhanden sind, wirst Du langsam unruhig und stellst Dir solche oder ähnliche Fragen:
Ich kann Dir versichern: Das Problem ist sehr hoher Wahrscheinlichkeit weder die Zielgruppe, noch die Nachricht und auch nicht die Anzeigenbilder. Es ist bedauerlicherweise nicht ganz so leicht, Deine B2B-Werbung auf den rechten Weg zu lenken. Die Ursachen von ausbleibendem Erfolg bei B2B-Marketing sind sehr viel elementarer.
Vorstellung | Realität |
---|---|
1) Meine Anzeige ist super | In der Anzeige wird aus der Ego-Perspektive kommuniziert |
2) Alle potenzielle Kunden wollen sofort kaufen | Im B2B-Bereich ziehen sich Kaufentscheidungen zumeist über mehrere Monate |
3) Der Interessent ist sofort begeistert von meinem Angebot | Der Interessent hat noch viele Einwände/Bedenken, die aufgelöst werden müssen |
4) Ich kommuniziere genau die Inhalte, damit der Kunde jetzt kauft | Kunden müssen aufgewärmt werden und benötigen verschiedene Inhalte zu verschiedenen Zeitpunkten |
5) Der Kunde vertraut meinem Angebot | Der Kunde kennt Dich noch nicht und vertraut Dir nicht |
6) Interessenten haben viel Zeit, sich mit Deinem Angebot zu beschäftigen | Die durchschnittliche Aufmerksamkeitsdauer beträgt 8 Sekunden |
Viele Unternehmen sind sehr von sich überzeugt und stolz auf ihr Produkt. Das ist auch gut so! Leider schlägt sich diese egozentrische Einstellung aber allzu oft negativ in der Kommunikation nach außen nieder.
Besonders problematisch wird dies beim Formulieren von Werbeanzeigen. Wenn Deine Anzeige allein davon handelt, wie großartig Du und Dein Unternehmen sind, kann sie schnell arrogant oder überheblich wirken.
Konzentriere Dich stattdessen darauf, warum ein potenzieller Kunde bei Dir kaufen sollte, anstatt ihm zu erzählen, was für eine tolle Person oder ein tolles Unternehmen Du bist.
Ein Kunde wird immer dann stark versucht sein, bei Dir zu kaufen, wenn Du ein Problem löst. Überlege für die Ausrichtung Deiner Werbekampagne also, welches Problem Du zum jetzigen Zeitpunkt Deinem Kunden mit Deinen Produkten lösen kannst.
“Heute ist die Werbeanzeige für unser 3.000 € Coaching-Programm online gegangen!” – die Erwartungshaltung ist sehr groß. Zwei Tage später: “Es sind immer noch keine Anfragen da!!! Die Anzeige ist Mist, alles sofort stoppen!”
Bei diesem Vorgehen wird vor lauter anfänglicher Begeisterung gern übersehen, dass ein sofortiger Spontankauf bei einem solchen B2B-Coaching auf keinen Fall die Regel ist. Egal ob es um Coaching geht, um Agenturdienstleistungen oder Beratungsdienstleistungen, ob eine neue Software eingeführt werden soll oder eine hochwertige Produktionsmaschine im Wert von 200.000 Euro angeschafft werden soll: All diese Entscheidungen benötigen Zeit!
Selbst, wenn die beworbene Person sofort kaufen will, stehen oft doch noch viele weitere Prozesse im Hintergrund:
Möglicherweise muss die Person sich mit anderen Abteilungen oder Interessengruppen in ihrem Unternehmen abstimmen, um die Genehmigung für den Kauf zu erhalten. Evtl. will diese doch noch mal recherchieren, um den besten Lieferanten oder Verkäufer zu finden. All dies kann Zeit in Anspruch nehmen, und evtl. hängt sogar die weitere berufliche Karriere daran, wie gut oder schlecht die Kaufentscheidung ausfällt.
Daher sollten Anzeigen für hochpreisige Produkte immer über einen längeren Zeitraum laufen. Was dabei sehr wichtig ist: Man sollte verschiedene Anzeigen mit verschiedenen Texten und verschiedenen Blickwinkeln auf das Produkt erstellen, damit die angesprochene Zielgruppe immer wieder neue Impulse bekommt.
Natürlich ist jeder stolz auf sein Angebot oder seine Dienstleistung. Dabei wird vergessen, dass die adressierte Zielgruppe vor dem Kauf das Angebot sehr genau auf Schwachstellen untersucht.
Häufig wird etwas in den Warenkorb gelegt und bleibt dort dann für immer liegen.
Bei sehr vielen Werbeanzeigentexten wurde sich nie darüber Gedanken gemacht, welche Informationen potenzielle Kunden benötigen. 97 % der Formulierungen sprechen nur die Personen an, die in genau diesem Moment eine Dienstleistung oder ein Produkt kaufen wollen, also bereits ein sehr hohes Kaufinteresse besteht. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass dies die im Marketing fälschlicherweise am allermeisten umworbene Zielgruppe ist – denn sie ist gleichzeitig auch die kleinste Zielgruppe!
Stattdessen sollte man zwei ganz andere Zielgruppen anzusprechen: Erstens Personen, die ein Problem haben, aber die Lösung noch nicht kennen. Die perfekte Lösung ist dann natürlich Dein Produkt.
Und zweitens Personen, denen noch nicht einmal bewusst ist, dass sie ein Problem haben. Dieser sehr großen Zielgruppe muss ausgehend von dem durch die Werbung hergestellten Problembewusstsein Deine Lösung als ideal aufgezeigt werden.
Oder hat der Kunde schon einmal Dein Produkt gesehen, zögert aber noch? Das kann beispielsweise über Rezensionen beseitigt werden. Es ist also sehr wichtig, den Wissensstand Deiner Zielgruppe zu berücksichtigen, und daraufhin verschiedene Kommunikationsstufen und Einheiten zu bilden.
Oft kommt es auch vor, dass durch das Lösen eines Einwandes ein neuer entsteht, der auch wieder aufgelöst werden muss, um einen erfolgreichen Abschluss zu erzielen.
Werbetreibende gehen oft davon aus, dass die Zielgruppe, die sie ansprechen, ihre Werbeversprechen 100 % glaubt.
Das ist ein absoluter Trugschluss! Der effizienteste Weg, das Vertrauen einer neuen Zielgruppe zu gewinnen, ist der Aufbau einer starken Marke. Dies ist bei B2B-Marketing genauso wichtig wie bei B2C-Marketing. Eine Marke definiert sich hauptsächlich daraus, wie viele Kontaktpunkte sie im Alltag eines potenziellen Kunden schaffen kann. Im zweiten Schritt müssen dann diese Kontaktpunkte natürlich auch eine emotionale Verbindung aufbauen.
Um eine starke Marke und viel Vertrauen aufzubauen, muss kanalübergreifend gedacht werden.
Ein Beispiel aus der Praxis: Über Facebook wird ein Coaching- bzw. Fortbildungsprogramm beworben, zum Beispiel für Führungskräfte. Bei einem Interessenten, nennen wir ihn Michael, wurde potenzielles Interesse an diesem Kurs geweckt. Was macht Michael jetzt? Er gibt in Google den Namen des Coaches ein und findet dazu einen YouTube-Kanal. Der YouTube-Kanal des Coaches hat viele tausend Abonnenten, jedes Video 4- oder 5-stellige Aufrufe mit vielen Likes und Kommentaren. Das Vertrauen von Michael in den Coach wächst dadurch massiv an.
Michael schaut sich über Wochen immer weitere Videos an und wird bei jedem Video heißer auf das angepriesene Programm, bis er sich schließlich nach drei Monaten überwindet und das Investment in das Coaching-Programm wagt. Ohne den YouTube-Kanal mit den vielen Abonnenten hätte der Coach somit Michaels Unternehmen nicht als Kunden gewinnen können.
Hätte sein Kanal nur ein paar Videos und sehr wenige Abonnenten gehabt, hätte Michael diesen Kurs auch nicht gekauft.
Häufig wird davon ausgegangen, dass die ganze Menschheit nur darauf gewartet hat, endlich mein Produkt oder meine Dienstleistung konsumieren zu können. Die Realität ist jedoch, dass ein teuer produziertes, 4 Minuten langes Werbevideo schon nach maximal 8 Sekunden übersprungen wird, weil es die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht gewinnen konnte.
Auch hier ist es wichtig, am Anfang der Kommunikation den Nutzen des Angebots für die eigene Käuferschicht (Zielgruppe) zu zeigen. Es wird auch oft überschätzt, dass Menschen noch nicht bereit sind, eine 15-minütige Beratung zu buchen, nachdem sie eine Anzeige gesehen haben.
Die Bereitschaft, von seinem Gegenüber 15 Minuten zu bekommen, muss sich ebenfalls durch eine starke Marke und viel Vertrauen erarbeitet werden. Von daher kann es z.B. helfen, anstatt eines Beratungsgespräches erst einmal ein Whitepaper zum Download zur Verfügung zu stellen.
Wenn all diese Dinge beachtet und richtig umgesetzt werden, ist man als Werbetreibender im B2B-Marketing seiner Konkurrenz bereits viele Schritte voraus. Denn gerade im B2B-Bereich geht es oftmals um sehr, sehr große Summen und einer Vielzahl an Entscheidern. Und was diese Entscheider eines nicht haben, ist Zeit, sich mit ungenau-formulierten und uninteressanten Werbekampagnen auseinanderzusetzen.
Vertrauen in Deine Marke und in Dein Angebot herzustellen, ist eine hohe Kunst, die bei Erfolg zu langfristigen Geschäftsbeziehungen führen kann, die für beide Seiten enorm lukrativ sind. Allermeistens ist es ja durchaus so, dass das Angebot und die Zusammenarbeit gut sind – diese muss jedoch erst einmal hergestellt werden. Es hapert nur eben an der Kommunikation dieses Angebots. Es lohnt sich also, die Zeit und Ressourcen in wirklich durchdachte B2B-Werbung zu investieren.
Uwe ist seit über 21 Jahren auf der Jagd nach den besten Online-Marketing Strategien. Am meisten faszinieren ihn dabei alle wenig bekannten, aber wirkungsvollsten Methoden. 2014 gründete er die Performance-Marketing Agentur WebQuantum. Als eine Art “Online-Marketing Professor” unterrichtete er unter anderem an der Hochschule Fulda und referiert auf den unterschiedlichsten Bühnen rund um seine Lieblingsthemen SEO, Social Media Marketing & Co.
Besuche mich auf LinkedIn!